Direkt zum Inhalt springen

Hätzingen

583 m ü. M.
Dorfverein Luchsingen-Hätzingen-Diesbach

Das Dorf liegt an der Hauptstrasse, auf der rechten Seite des Grosstals zwischen Haslen und Diesbach. Im Süden von Hätzingen fliesst die Rufirunse in die Linth, im Norden befindet sich der Weiler Tschuepis und im Osten ein Teil des Freibergs Kärpf.

Um 1350 erscheint erstmals der Begriff Hezzinge[n]. Er bedeutet wahrscheinlich Wohnstätte eines Hazzo, was eine Kurzform zu Namen wie Hadu-brand ist. Dieser Ausdruck seinerseits heisst «Kampfschwert» oder «guter Recke“. Das frühere Gemeinde-Wappen zeigte deswegen einen alemannischen Krieger. Im Spätmittelalter gehörte Hätzingen zum Tagwen Nesselowe. Mit Diesbach, Betschwanden und Haslen zusammen stellte es bis zur Wahlkreiseinteilung von 1989 einen Wahltagwen dar. Seit 2004 ist der Ort Teil der politischen Gemeinde Luchsingen.

Zuerst war die Dorfschaft nach Glarus, seit dem 14. Jahrhundert nach Betschwanden kirchgenössig. Die Reformation nahm sie 1528 mehrheitlich an.

1538 kam es zum Bau des «Grosshauses“, eines Lagers für Salz und Korn. Im 18. Jahrhundert bildete die Handspinnerei die dörfliche Haupterwerbsquelle. Im Jahre 1831 gründeten die Brüder Steuervogt Johann Heinrich Hefti (1790–1862) und Ratsherr Fridolin Hefti (1793–1854) die Wolltuchfabrik in Hätzingen unter dem Namen «Gebrüder Hefti“, welche bis zu deren Schliessung 1991 grösste Arbeitgeberin war. 1836 war Letzterer im Kanton der erste Besitzer einer Spinnmaschine, und 1856 führte die mechanische Weberei Hätzingen (ebenfalls als Premiere im Glarnerland) die Gasbeleuchtung ein. Im Jahre 1850 kauften die beiden Räumlichkeiten für eine Spinnerei. 1882 trennten sich die Familien Hefti. Oberst H. Hefti-Trümpy zog mit seinen drei Söhnen nach Italien und gründete in Roé (Provinz Brescia) eine Baumwollspinnerei und Zwirnerei. Die Anlagen in Hätzingen wurden vom Stammhaus zurückgekauft und als Spinnerei betrieben. Vier Fabrikantenvillen – erbaut zwischen 1850 und 1907 – verweisen noch immer auf den Reichtum in der Textilindustrie-Zeit. Die Einwohnerzahl der damaligen Gemeinde stieg um die Mitte des 19. Jahrhunderts auf 500; hundert Jahre später gar auf 653. Am 3. August 1893 hingegen wurde die Wolltuchfabrik von einem Brandunglück heimgesucht. Bei diesem Ereignis soll die Redewendung «Hätzige böös» geprägt worden sein. Ein «Feuerreiter» habe mit diesem Ruf durch alle Dörfer bis nach Glarus die Feuerwehren alarmiert.

Die Textilfabrik übernahm überdies das Patronat bei mehreren Vereinsgründungen: 1862 beim Männerchor, 1884 beim Schützen- und 1895 beim Turnverein. 1861 finanzierte sie sogar die Einführung einer Sekundarschule. Insgesamt 73 Schüler von Leuggelbach bis Linthal machten während sechs Jahren von dieser Bildungsmöglichkeit Gebrauch.

Internationale Beachtung fand nach 1950 der Georg-Bilgeri-Wanderpreis im Skilanglauf, den die Tuchfabrik erstmals an einer Schweizer Meisterschaft im 50-km-Lauf in Linthal stiftete. Das Bilgeri-Tuch für den Skisport war damals der Verkaufsschlager der Firma Hefti.

Vorübergehend wuchs die Zahl der Mitarbeitenden auf zirka 640 an, wurde dann aber stets kleiner. 1981 sank sie unter 200, nachdem ein Jahr zuvor die Spinnerei geschlossen worden war.

Im Jahr 1986 verkaufte man die Tuchfabrik einem türkischen Konzern. Nach nur fünf Jahren kam das Ende, und dann prägten Fabrikruinen das Hätzinger Dorfbild. 2000 waren demzufolge mehr als vier Fünftel der Erwerbstätigen (auswärts) im Dienstleistungs-Sektor beschäftigt.

Der herausragendste Mitarbeiter der Firma Hefti & Co. war Melchior Hefti gewesen (1879 geboren). Von 1903 an stellte er sich über fünfzig Jahre lang als Schlossermeister in den Dienst der Produktionsstätte. Er bekleidete zudem folgende Ämter: 1905–1908 war er Gemeinderat, 1908–1938 Gemeindepräsident, 1910–1920 Landrat (1918 Präsident), 1913–1917 Augenscheinrichter, 1920–1947 Regierungsrat (1932–1938 Landammann) und 1938–1953 Ständerat.

1873 hatte sich die Schulgemeinde Hätzingen entschlossen, die Sekundarschule von der Textilfabrik zu übernehmen. Vorerst wurde im 1841 eingeweihten Primarschulhaus unterrichtet, dann im Anbau des Restaurants «Ochsen“. (Die erste Hätzinger Schule ist fürs Jahr 1797 bezeugt.) Im Jahre 1890 baute Hätzingen ein Sekundarschulhaus samt Lehrerwohnung. (Bis 2004 diente es als Gemeindehaus.) 1923 zogen sowohl die Sekundar- als auch die Primarschüler in das neu erstellte jetzige Schulhaus am Südausgang des Dorfes um. 1973 wurde die Sekundarschule mit Linthal zusammengelegt. Zwischen 1974 und 2004 wurden hier die Primarschüler von Luchsingen und Hätzingen unterrichtet, seitdem besuchen zusätzlich diejenigen von Diesbach dieses Schulhaus. Die beiden damaligen Gemeinden Luchsingen und Hätzingen setzten sich 2001 mit einer Petition für die Erhaltung ihrer Poststelle ein.

Bereits 1471 musste Hätzingen laut Landsgemeindebeschluss mit anderen Talleuten zusammenspannen, um die Höflieggbrücke in Engi zu unterhalten. Die Hätzinger kauften sich erst 1892 von dieser Verpflichtung los.

Die Adlenbacherbrücke war bis 1838 der einzige Übergang über die Linth zwischen Hätzingen und Luchsingen gewesen. Eine böse Überraschung erlebte man in jenem Jahr beim Bau einer neuen Linthbrücke. Nachdem das Gerüst beseitigt worden war, stürzte das Gewölbe ein. Man erstellte nun eine hölzerne Brücke, die 1886 durch eine eiserne und 1980 durch eine betonerne ersetzt wurde. Einer Strassenkorrektion weichen musste 1972 das «Rössli“. Wahrscheinlich über 200 Jahre existierend, war es eines der ersten Gasthäuser im Dorf gewesen. Seit 2003 gibt es die Runsenkorporation Hätzingen.

2004 ging die Fürsorgegemeinde Hätzingen in der neuen Einheitsgemeinde Luchsingen auf.1989 war fast ein Drittel der 356 Personen zählenden Bevölkerung ausländischer Herkunft gewesen. Seit 1973 gibt es in Hätzingen eine Tibeterkolonie.

Die Arbeits- und Wohngemeinschaft Linth für Behinderte ist seit 1988 in Hätzingen einquartiert; acht Jahre später bezog die «Wohngruppe Kärpf» dort ein Haus.

Im Winter führt im «Loo» die Langlaufloipe «Töditritt» am heutigen Wohn- und Gewerbedorf vorbei.